Alte Muster der Wähler sind Vergangenheit. Alt eingesessene Unternehmer wählten früher FDP, Landwirte machten ihr Kreuz bei der CDU bzw. CSU, Grubenarbeiter in der Zeche stimmten für die SPD und Revoluzzer favorisierten die Grünen.
Als diese Klischees galten, da gab es noch gar keine Piratenpartei oder AfD und die LINKE gab es nur in der ehemaligen DDR und dort hieß sie SED. Wie kann es kommen, dass es immer weniger typische Wähler gibt?
Keine Lust auf Politik
Es könnte vor allem an den Parteien selbst liegen. Die tun alles dafür, um gewählt zu werden. Ob das immer bedeutet, auch alles für den Wähler zu tun, muss allerdings mehr als bezweifelt werden. Denn die Parteien denken nach wie vor in den alten Strukturen. Beweis und Beispiel: in der DLF-Sendung Hintergrund Politik „Wo Karrieren enden können“ kurz vor der Landtagswahl in Niedersachsen hat Susanne Schrammar die Chancen der Protagonisten der Landesparteien porträtiert. Aus der Sendung stammen die Sätze, die die Journalistin nach ihrer Recherche über die Parteienlandschaft formuliert hat:
Zwar gab es in Niedersachsen vor ein paar Jahren auch schon mal einen kleinen Polit-Flirt der CDU mit den Grünen, doch diese Zeiten sind vorbei. Als im Frühjahr die Landesliste aufgestellt wurde, war ein deutlicher Linksruck zu spüren – im Gegensatz zu früher, wo sich der pragmatische und der linke Flügel die Waage hielten, überwiegen auf den ersten Rängen der Liste die linksorientierten Landtagskandidaten. Es gilt daher als nahezu ausgeschlossen, dass die Grünen in Niedersachsen – sollte ihnen die CDU Avancen machen, falls die FDP als Koalitionspartner abhanden käme – ins schwarz-grüne Lager schwenken würden.
Lager, Flügel, Landesliste, Orientierung, Koalitionspartner, Kandidaten, links, rechts. Solche Begriffe wabern durch die Pressemitteilungen der Parteien. Kein Wort zum Programm.
- Mehr Netto vom Brutto
- Baugenehmigung in sechs Tagen statt in sechs Monaten
- Geringverdiener verdienen mehr als Arbeitslose
- Die Kabel für die Energiewende werden nicht nur beratschlagt, sondern auch gebaut
- Jedes Kind hat einen bezahlbaren Kindergartenplatz
- Es gibt genug Lehrer, Krankenschwestern und Lokführer
- Die Rente reicht zum Leben
Das wären ein paar der Themen, mit denen die Parteien die Wähler begeistern könnten. Das tatsächliche Ergebnis der Wahl war vor allem ein Patt. Ein paar hundert Stimmen entschieden über Mehrheiten und Opposition im Parlament von Hannover. Die Wahlbeteiligung lag auf historisch niedrigem Niveau. Es war nicht anders zu erwarten.
Der Saal ist voll, doch wie viele Teilnehmer der Wahlveranstaltung sind echte Wähler und nicht „nur“ Parteimitglieder und -unterstützer?
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